Frontalangriff auf Shishagastronomen in Frankfurt/Main
Was sich zurzeit in der Frankfurter Shisha-Gastronomie abspielt, ist ziemlich fragwürdig und auch politisch brisant. Es sei daran erinnert, dass weder der regulär eingekaufte Shishatabak noch die Kokoskohle verbotene Waren sind. Beides darf Gästen angeboten werden.
Die Shishagastronomie wird als „Betrieb einer Shisha-Bar“ offiziell von der Gewerbeaufsicht genehmigt. Mittlerweile kann man eine Shisha-Bar sogar markenrechtlich schützen lassen. Es gab und gibt kein Gesetz, das den Betrieb einer Shisha-Bar untersagen könnte. Dies wäre mit dem Verfassungsrecht auf einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch nicht wirklich denkbar.
Beginnend in der dritten Kalenderwoche im März jedoch, sind unzählige Shisha-Gastronomen in Frankfurt von einer Armada aus Bauaufsicht, Ordnungsamt, Bezirksschornsteinfeger und dem Immissionsschutz überrollt worden. Man suchte nach Hygienemängeln, illegal beschäftigtem Personal, Mängel an der Ab- und Zuluftanlage sowie den Kaminöfen, in denen die Kohle für die Wasserpfeifen entzündet und vorrätig gehalten wird. Man kann dazu sagen, dass dies der Job der entsprechenden Behörden ist. Soweit so gut. Allerdings dient dieses plötzliche, massive und konzertierte Vorgehen offenbar auch dazu, generell die gesamte Shisha-Gastronomie zu brandmarken. Denn sämtliche dieser Bars wurden ohnehin erst kürzlich besucht und kontrolliert. Wozu also die kurzfristige und harte Wiederholung? Das darf man sich zu Recht fragen.
Sicherlich gibt es auch in der Shishagastronomie das eine oder andere „schwarze Schaf“. So wie in jedem anderen gewerblichen Bereich auch. Insoweit sind Kontrollen auch notwendig. Mängel und Missstände müssen behoben werden. Letztlich gilt es, die Verbraucher und Gäste zu schützen. Aber auch Kontrollen unterliegen gesetzlichen Regeln und sind verhältnismäßig auszuführen. Daran mangelte es hier jedoch massiv. Raucherkneipen oder Trinkhallen werden nicht ansatzweise so hart unter Druck gesetzt wie etwa Shisha-Bars. Und diese befinden sich in Frankfurt gastronomisch betrachtet teilweise auf einem extrem hohen Niveau.
Da ein Verbot wie beschrieben nicht denkbar ist, versucht man jetzt allerdings seitens der Behörden eine Gefahr für Leib und Leben sowie eine erhöhte Brandgefahr zu konstruieren, die es so in vielen Bars nicht gibt. Im benutzten Kamin darf plötzlich die Kokoskohle nicht mehr verbrannt und gelagert werden. Man habe weder nachvollziehbare Heizwerte noch Immissionswerte für die Kohle. Es sei daher davon auszugehen, dass die immissionsrechtlichen Vorgaben nicht eingehalten würden. Auch soll deshalb davon auszugehen sein, dass die jeweilige Kaminleistung nicht ausreichend ist. Richtig gelesen. Es gibt zwar keine nachvollziehbaren Werte, die die Berechnung notwendiger Vorgaben ermöglichen, aber diese sollen in jedem Fall überschritten worden sein. Das wäre in etwa so, als wenn man auf der Autobahn ohne Geschwindigkeitsbegrenzung ab 88 km/h geblitzt würde und der Führerschein komplett weg wäre. Kein Verbotsschild, kein Messgerät, dafür aber eine Sanktion.
Aber es wird noch abenteuerlicher. Shishakohle (auch Selbstzünderkohle) wird generell als offene Feuerstelle bezeichnet, die als potentielle Gefahrenquelle nicht beherrschbar und daher auch nicht genehmigt worden sei. Folgt jetzt auch das Verbot von Kerzen auf dem Tisch, wenn man seine Frau zum Candlelight-Dinner ausführt? Auf dieser Grundlage wurden jetzt in Frankfurt Verfügungen mit Sofortvollzug erlassen, die die Nutzung von Kohlen und den Einsatz der Kohleöfen verbieten. Faktisch sind die Bars damit nicht mehr arbeitsfähig. Der Sofortvollzug ist dabei das schärfste Schwert, das man sich in diesem Bereich überhaupt denken kann. Der Ofen ist komplett stillzulegen. Dieses Verbot legt damit den kompletten Betrieb einer Shisha-Bar außer Kraft. In dieser Art eine anlasslose und aus meiner Sicht unverhältnismäßige, faktische Betriebsuntersagung vorzunehmen ist keineswegs nachvollziehbar. Zweifel an der Rechtmäßigkeit sind mehr als angebracht.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass all diese oben benannten rechtlichen Grauzonen noch nicht im Detail geregelt sind. Allerdings ist der Staat gefordert, in Wahrnehmung seiner Aufgaben Vorgaben zu erarbeiten. Den betroffenen Shisha-Gastronomen muss die ordnungsgemäße Ausübung ihres Gewerbes ermöglicht werden. Dazu gehört auch die Angabe, wie sie sich rechtskonform verhalten können. Leider Fehlanzeige. So baden derzeit zahlreiche Shisha-Gastronomen, darunter auch zahlreiche meiner Mandanten, diese behördenseits verursachte Misere aus.
Dies ist vollkommen unnötig, da sich bei vielen Bars keinerlei Veränderungen der Betriebsstätte in den letzten Jahren ergeben haben, die darauf schließen lassen könnten, es würden jetzt neue Gefahrenquellen geschaffen. Der Staat missachtet hier ganz klar den Bestandsschutz seiner selbst ausgesprochenen Duldungen und Genehmigungen. Auch steuerpolitisch ist dieses Vorgehen wenig nachvollziehbar. In Frankfurt werden regelmäßig Rekordgewerbesteuereinnahmen in Nähe eines Milliardenbetrags vereinnahmt. Ein Großteil hiervon stammt sicherlich auch aus der Gastronomie. Neben der entspannten Abendgestaltung leistet sie damit einen wichtigen Beitrag für ein funktionierendes Gemeinwesen.
Bleibt also die Frage: Was soll das?
Natürlich muss man dazu wissen, dass die Bauaufsicht als untere Bauaufsichtsbehörde weisungsgebunden nach Vorgaben aus den Ministerien arbeitet. Baurecht ist Landesrecht. Es werden also landespolitische Vorgaben umgesetzt, die mit der Stadt Frankfurt zunächst mal nicht viel zu tun haben müssen. Die Stadt Frankfurt hat sie aber durchzusetzen. Da in Frankfurt erst jüngst der SPD-Oberbürgermeister Feldmann erneut gewählt wurde, die CDU jedoch krachend verloren hat, liegt die Vermutung nahe, dass man aus dem Ministerium Signale aussenden will. „Wir räumen dort auf, wo es die SPD nicht vermag.“ Klingt gerade in Anbetracht der Umstände, dass gerade die großen hessischen Städte mehrheitlich durch SPD-Oberbürgermeister regiert werden als gut durchdachtes Instrument. Und das knapp sechs Monate vor der bevorstehenden Landtagswahl im Oktober diesen Jahres und dem Fakt, dass CDU und Grüne den Umfragen nach derzeit über keine Mehrheit mehr verfügen. Der Druck von Rechtsaußen nimmt auch nicht wirklich ab. Also spielen wir jetzt „Law and Order“- Partei.
Dass dieses Vorgehen rechtlich höchst umstritten ist, dürfte nicht nur unter Juristen klar sein. Der Streit wird auch vor den Gerichten ausgetragen werden. Allerdings muss man auch an die Konsequenzen denken. Jeder eingestellte Betrieb einer Bar in Frankfurt führt monatlich zu extremen finanziellen Einbußen. Solange die Verfügungen im Raum sind, droht vielen Gastronomen der Existenzverlust. Deshalb kämpfen einige den teuren rechtlichen Kampf und sind entschlossen, ihre Rechte einzufordern.
Dieser Kampf ist deshalb so wichtig, da sich dieser „Testballon“ auf die gesamte Republik ausweiten könnte. Ein ganzer Markt mit Herstellern, Groß- und Einzelhändlern und Gastronomen wäre davon betroffen. Aber auch das große Kundenklientel, das mittlerweile einen ganz anderen Lebensstil pflegt als Ewiggestrige politische Akteure wahrhaben wollen. Man kann zum Shisharauchen stehen wie man will, aber wir leben immer noch in einem freien Rechtsstaat. Jeder Mensch kann und darf selbst entscheiden, wie er leben will. Der Versuch, in allem und jedem eine Gefahr und politische Bühne sehen zu wollen, ist nicht nur höchst verwerflich, er untergräbt individuelle Freiheiten.
Im direkten Vergleich zu gewöhnlichen Rauchern werden Shisharaucher sichtbar schlechter behandelt, manchmal sogar bewusst kriminalisiert. Spätestens bei einer der nächsten Wahlen sollte sich daher jeder und jede mündige BürgerIn überlegen, ob man mit der eigenen Stimme eine Angst- und Verbotskultur unterstützen will, die Steuereinnahmen beschneidet, Existenzen bedroht und Arbeitsplätze direkt vernichtet.
Tuna Firat
Rechtsanwaltskanzlei Firat
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